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100 Jahre SAT

Der Anationale Weltbund SAT, nun hundert Jahre alt, stammt aus einer Zeit, in der Klassenkampf für ein großes Publikum, auch ein esperantistisches, „Motor der Geschichte“ war. Zahlreiche Menschen bemühten sich, die Sache des Esperanto mit der der Arbeiterbewegung, damals die grundlegendste linke Bestrebung, zu verbinden. Die Formulierungen in den Gründungsdokumenten von SAT spiegeln den Geist einer revolutionären Epoche wieder. Sie mögen einigen anachronistisch anmuten, aber Vorsicht ist anzuraten. Zwar wissen wir, wie sich die Schwerpunkte in den linken Bewegungen der Länder, in denen Esperanto stärker verbreitet ist, verschoben haben, so dass Klassenpolitik nur ein Betätigungsfeld von vielen geworden ist. Die Bedingungen in diesen Ländern sind aber nicht typisch für die ganze Welt. Darüber hinaus ist es erwähnenswert, dass die politische Weltanschauung von SAT von Anfang an auch weitere Aspekte hatte. Was ist und war der Platz von SAT in der Ideengeschichte des Esperanto?

Dogmenferne: SAT wollte von Anfang an dogmatische Haltungen unter den Mitgliedern entgegenwirken. Festgehalten im Statut ist: „SAT, keine parteipolitische, sondern eine aufklärerische, bildende und kulturelle Organisation, zielt darauf, dass ihre Mitglieder verständigungsbereit und tolerant in Bezug auf die politischen und philosophischen Schulen oder Systeme werden, auf die sich die verschiedenen klassenkämpferischen Arbeiterparteien und Gewerkschaftsbewegungen stützen; durch Vergleichung von Tatsachen und Ideen, durch freie Diskussion bezweckt sie, die Dogmatisierung der in ihrer jeweiligen Umgebung gängigen Lehren zuvorzukommen.“ Wer heute eine Nummer des Sennaciulo aufmacht, kann sehen, dass SAT genau das auch heute anstrebt. Die Breite der Themen und auch das weitgehende Fehlen einer erkennbaren politischen Linie bezeugen das. SAT ist ein Verband für unterschiedlich Denkende. Streitlust prägt die Linke von 2021, wie in vorangegangenen Zeiten, was besonders für SAT gilt.

präfigurative Politik: Bis vor einigen Jahren war „präfigurative Politik“ kein weithin bekannter Begriff. Er wurde in letzter Zeit in anarchistischen und anderen Kreisen geläufiger, und bezeichnet Funktionsweisen einer Organisation oder sozialer Beziehungen, die in der Gegenwart die künftige Gesellschaftsordnung vorwegnehmen sollen, die eine Gruppe anstrebt. Angestrebt wird, in der fortlaufenden politischen Praxis einer Bewegung soziale Beziehungen, Entscheidungsfindungsprozesse und Kultur zu verwirklichen, die dem Endziel entsprechen. Die Idee, wenn nicht der Begriff, ist viel älter. Präfigurative Politik wird oft mit einem Gandhi zugeschriebenen Zitat (eigentlich eine Paraphrasierung einer Aussage von ihm) zusammengefasst: „Sei die Veränderung, die du in der Welt sehen willst.“ Bei SAT floß diese Vorstellung in eine gründungsvorbereitende Erklärung vom November 1920, „Liberiga Stelo“ al la Verdruĝuloj, ein: „da wir Sprachgenossen sind, wollen wir diese Tatsache sofort nutzen, um eine Vereinigung in Gang zu bringen, die in embrionaler Form darstellt, wie die künftige universelle Gesellschaft funktionieren kann“. Das egalitäre und unautoritäre Ethos von SAT nimmt die emanzipierte Gesellschaft vorweg, die die Mitglieder wollen.

Antinationalismus: Bekanntlich ist SAT eine „anationale“ Organisation. Die auf der Titelseite von jeder Sennaciulo-Ausgabe erscheinende Devise „SAT-Mitglieder sollen ihre Fähigkeit entwickeln, außernational zu empfinden, denken und handeln“ zeugt vom Willen, in der Praxis eine Gesellschaft zu antizipieren, die den Nationalismus hinter sich läßt. Darüber hinaus beziehen sich viele Mitglieder positiv auf die Idee des Anationalismus, heute nach dem Verständnis der meisten ein Dachbegriff. Seit den ersten Versuchen, sein Ideengehalt genauer zu bestimmen, bringt man im Begriff des Anationalismus nicht nur radikalen Antinationalismus, sondern auch eine positive Alternative zum Nationalismus unter. Schon früh wurde eine Haltung entwickelt, die heute in linken Kreisen zu finden ist, die sich explizit auf den – früher oft negativ konnotierten – Kosmopolitusmus beziehen. Auch hier ist die Tradition von SAT nicht überholt.

globale Steuerung: Ein Aspekt des Anationalismus nach Lanti, der nach ihm wenig beachtet wurde, ist das, was er „globale Steuerung“ [mondmastrumado] nannte. Lanti erwähnte diese in seinem Manifest der Anationalisten: „Anationalismus – eine Kulturdoktrin, deren Hauptziele sind: 1) die Verschwindung aller Nationen, begriffen als selbständige, souveräne Einheiten; 2) globale Steuerung und rationelle Verwertung aller Energie und Materie zum Nutzen aller Menschen auf unserem Planeten; 3) Normung aller Maße und Berechnungseinheiten; 4) Anwendung einer anationalen Sprache (Esperanto) mit dem Ziel, dass es die einzige gebräuchliche Kultursprache werde.“ Vermutlich hat Lanti die Verwertung von Energie und Materie im produktivistischen Sinn verstanden, wie seine Zeitgenossen. Aber in seiner Allgemeinheit kann die Aussage noch gelten. Ein Streben nach genau dieser globalen Steuerung – nun aber ökologisch und postproduktivistisch verstanden – wird heute im zögerlichen Prozeß der weltweit koordinierten Bekämpfung der Klimakrise sichtbar. Er macht nur langsam Fortschritte, trotz Dringlichkeit. Der Prozess wird ersichtlich durch Nationalismus gebremst, heute noch eine Ideologie, die die Welt prägt, wie vor fast hundert Jahren, als Lanti in die Zukunft schaute: „Nicht sehr viele Jahrzehnte werden vergehen, bevor globale Steuerung eine objektive Möglichkeit wird; dann aber wird sie durch die subjektive Kraft des Nationalismus vereitelt; ein ständig wachsendes Ungleichgewicht zwischen zwei Faktoren läßt sich ausmachen: 1) dem menschlichen Geist, der mit allerlei Nationalem durchtränkt ist, und; 2) der ständigen Entwicklung von Wissenschaft und Technik, die unter Anderem bewerkstelligen, dass die zur Überwindung von Entfernungen nötigen Zeit verringert wird. So ein Zustand von Ungleichgewicht könnte völliges Chaos in das Leben der Gesellschaft hineinbringen und den Normen der Zivilisation mit dem Untergang bedrohen.“

Selbstbildung: SAT leistet Kultur- und Bildungsarbeit ohne Mittel von außen und sucht auch nicht nach Subventionen, die ihre Unabhängigkeit kompromittieren könnten. Seit der Krise der 1930er Jahre, in denen SAT eine Unterordnung unter der 3. Internationale entging, ist SAT unabhängig geblieben und deckt einen breiten politischen Raum ab, in dem Meinungsstreit vorherrscht.

Auch wenn SAT keine politische Linie hat, könnte vorsichtig behauptet werden, dass sie einen politischen Raum in der Esperanto-Gemeinschaft besetzt. SAT befindet sich am kosmopolitischen Pol dessen, was Esperantosprechende als „innewohnende Idee“ des Esperanto bezeichnen, eine Idee, auf die sich viele gern berufen, dennoch keine einheitliche Idee. Ihre vielfältigen Deutungen spiegeln vielmehr ideologische Unterschiede unter Esperantosprechenden wieder. Als kosmopolitische Esperantisten würde ich die bezeichnen, die dem alten Zamenhofschen Ziel einer „Vereinigung der Menschheit“ anhängen, wohingegen partikularistische Esperantisten die Sprache lieber zu einem Instrument positiver Einflußnahme auf Beziehungen zwischen (essenzialistisch begriffenen) Nationen, Ethnien und Zivilisationen machen möchten. Ich halte die Unterscheidung zwischen einer kosmopolitischen und einer partikularistischen Fraktion unter Esperantisten für sinnvoll, weil damit eine wichtige ideologische Trennungslinie beschrieben wird.

Ja, SAT hat auch Schwächen. Oft stammen neue SAT-Mitglieder heute aus den Reihen derer, die bereits in der vom Esperanto-Weltbund (UEA) dominierten „Bewegung“ sozialisiert wurden, wo sie deren Vorstellungen über Esperanto und seine angenommene Zweckbestimmung übernahmen. SAT mag fortschrittliche Ideen haben, aber ihre Mitglieder eignen sich diese in unterschiedlichem Maß an. Eine weitere Schwäche ist, das einige Mitglieder eine fremde Sichtweise übernommen haben, derzufolge SAT ein „Fachverband“ sei, der dem „neutralen“ und „universalen“ Esperanto-Weltbund gewissermaßen untergeordnet ist.

Heute, in einer Zeit, in der viele Esperanto nutzen, ohne dessen „Sieg“ im weltweiten Sprachsystem anzustreben, bietet sich antinationalistische Bildung als Betätigungsfeld für Esperantosprechende – nicht nur die von SAT – die sich in der Welt aktiv engagieren wollen. Keineswegs ist Sprachpolitik alternativlos. Esperanto läßt sich sinnvoll als Instrument von praktischem Kosmopolitismus und antinationalistischer Reflektion auffassen und öffentlich darstellen, das sich allen bietet, die ihr angestammtes Kulturmilieu öfter und wirkungsvoller entweichen wollen, als sonst möglich wäre. Etwas, was sich als roter Faden durch die Geschichte von SAT zieht.

Gary Mickle

 

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